Über das Warum:
Vor 23 Jahren sind wir in unser Haus gezogen. An dem Haus hat sich seit diesem Zeitpunkt viel verändert, ja sogar sehr viel. Wir könnten beinahe behaupten, kaum ein Stein ist auf dem anderen geblieben. Doch eines hat sich seit dem Einzug nicht verändert… wir haben bis heute keinen Tisch im Wohnzimmer…. keinen Couchtisch.
Ich habe mich nie gefragt, warum das so ist. Würde ich es, hätte ich sofort zwei einfache aber schlüssige Antworten parat:
1. Bis heute sehen wir nicht die dringliche Notwendigkeit einen zu haben.
2. Hat uns bisher kein Tisch gefallen. (Mit einer kleinen Ausnahme!)
Für mich beziehungsweise uns, gibt es zwei Arten von Möbel. Das eine Möbel, welches man zwingend bezüglich seinem Nutzen benötigt…. Esstisch, Schreibtisch, Schuhregal, Wäscheschrank, Bett, und so weiter. Bei denen ist die Schmerzgrenze, es nicht zu haben, relativ schnell erreicht. Man kauft was (oder der Holzwerker baut schnell was) auch wenn man an seinen Idealvorstellungen Abstriche hinnehmen muss.
Und dann gibt es noch das anderen, besonderen Möbel. Das einem zuläuft, ohne dass man danach gesucht hat, welches man mitnimmt, nur weil man es besitzen möchte. Ein Möbel mit Charakter, mit dem man zusammen alt werden möchte. Ein „man gönnt sich ja sonst nichts Stück“. Idealer Weise kann man mit ihm auch eine „Nutzenlücke“ schließen – es ist aber keine Bedingung.
Die oben schon erwähnte „Ausnahme“ hatte ich vor ein paar Jahren für sehr gute Freunde angefertigt. Sie fragten mich, ob ich ihnen einen Couchtisch aus dunklem Holz,
80 x 80 cm Plattengröße und schlichten Beinen 4 x 4 cm anfertigen könnte. Beim dafür notwendigen Holzkauf, lief mir eine Nussbaumbohle über den Weg, wie man sie nicht jeden Tag findet. Ich habe noch beim Holzhändler den fertigen Couchtisch vor meinem geistigen Auge gehabt. Er hatte nur sehr wenig mit dem gemein, der geordert war. Aber was konnte schon passieren? Wenn ich den Tisch nach meinen Vorstellungen baue und meinen Bekannten würde er nicht gefallen, dann hätte ich ein Möbelstück übrig, mit dem ich alt werden hätte wollen. Wie die Geschichte ausgegangen ist, ist schnell erzählt:
Ich kann nicht mit dem Tisch alt werden! Darf ihn aber ab und zu besuchen und bekomme bei der Gelegenheit immer ein klasse Essen serviert. Auch ein Trost!
Die Planung:
Im Internet habe ich immer wieder mal nach einer Inspiration für einen Couchtisch gesucht. Das Einzige, was ich dort gefunden habe, waren aber viele Anregungen, wie er auf keinen Fall aussehen dürfe. Auf die jetzige Design Idee ist meine Frau im Urlaub gestoßen, als sie in meinen Krenov Büchern blätterte. „Schau doch mal diesen coffee table an! Der würde doch gut als Couchtisch bei uns passen.“
Das Problem war nur, das Original von Krenov war viel zu hoch.
Die Maße des Originals: Länge 130 cm , Höhe 60, Breite 63 cm
Krenov baute den Tisch 1968. Hatte man zu dieser Zeit so hohe Couch-Tische? Egal, unser Tisch darf auf keinen Fall so hoch werden. Aus dem Grund hab ich zunächst aus Holzresten ein Modell gebaut, auch um zu testen, wie ich die Tischbeine anfertigen kann, die sich zur Mitte hin verjüngen.
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Wir wollten für unseren Tisch eine Höhe von ca. 45 cm haben. Nun kann man nicht einfach die Beine kürzer machen und die restlichen Maße nicht anpassen. Das würde sicherlich „unvorteilhaft“ aussehen. Damit die Proportionen wieder stimmen, hab ich Länge und Breite des Tisches auch im Verhältnis zur Höhe reduziert. Somit ergab sich für mich ein Maß von: Länge 98 cm, Höhe 45 cm und eine Breite von 50 cm
Das Untergestell:
An so einem kleinen Tisch ist ja nicht allzu viel dran. Vier Beine mit zwei Querstreben und zwei Längsstreben (Zargen) tragen die Tischplatte. Den Ehrgeiz, den ich inzwischen beim Bau von Massivholzmöbeln entwickelt habe, ist eine stimmige und harmonische Maserung zu erreichen. Der komplette Tisch wird aus einer einzigen Nussbaumbohle entstehen. Somit schneidet man nicht einfach planlos drauf los, sondern teilt die Bohle so auf, dass später die Einzelteile sich verstehen. Das paarweise Auftrennen von Beinen und Zargen sorgt für ein späteres gutes Erlebnis!
Vermutlich werden das 95% der Leute nicht bewusst wahrnehmen und nicht verstehen, aber ich kann und will inzwischen nicht mehr anders arbeiten. Dieser wunderbare Werkstoff hat diese Aufmerksamkeit verdient und das fertige Möbel dankt es einem mit seinem Charme.
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Und nachdem nun alle Einzelteile vorbereitet waren, musste ich damit nur das tun, was ich vorher schon mal am Modell geübt hatte. Warum mach ich mir die Arbeit mit dem Modell? Danach weiß ich wie es geht und auf was man besonders aufpassen muss. Verschneide ich einen vorbereiteten Fuß oder eine Zarge, dann kann ich eigentlich das Gegenstück wegwerfen und ein neues Paar aus einer Bohle schneiden. So ist das für mich ein entspanntes Arbeiten.
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Das Untergestell ist bis auf ein paar Restarbeiten nun fertig.
Die Tischplatte:
Die verwendete Nussbaumbohle hatte eine Breite von ca. 30 cm. Da passt es gut, wenn daraus 2 Tischplattenhälften mit je 25 cm macht. Die zwei Platten werden miteinander nicht verleimt. Zwischen ihnen ist ein Spalt von einem Zentimeter.
Verbunden werden die 2 Platten miteinander über 2 Gratleisten. Die Gratleisten werden dann später in den Längszargen noch „versenkt“.
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Bevor ich für die Gratleisten die Nuten fräse, werden die Oberflächen der Tischplatte final gehobelt. Das war eine wunderbare Gelegenheit die Raubank mal auf Herz und Nieren zu testen. Eine wahre Freude, wie sie ihren Dienst tat. Ich hatte das Gefühl, sie hatte auch richtig Spaß an der Arbeit. 😉
Gefräst habe ich die Nut mit Schablone und Kopierring und auch nur so weit, wie später die Gratleiste eingeschoben wird. Damit die beiden Schlitze dann auch exakt sich gegenüberliegen, müssen die beiden Plattenhälften fest miteinander verspannt werden und das sollte auch so bleiben, bis beide Nuten fertig sind!!!
Die Gratleiste wird im Anschluss genau passend gehobelt.
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Vor dem Zusammenfügen der beiden Plattenteile, bekam jedes Teil noch den letzten Hobelzug beziehungsweise die Sichtbaren Kanten den letzten „Schnitzer“ verpasst. Ich mag solche Kanten. Sie verleihen dem Möbel eine ganz andere Haptik.
Die Restarbeiten:
Unter Restarbeiten fällt hat das, was noch zu tun ist für ein erfolgreiches Finale. Das Einpassen der Gratleisten in die Zarge, finales Hobeln und leider auch Schleifen. Die geschwungenen Beine bekam ich selbst mit dem Schweifhobel nicht ordentlich hin. Ich glaube ich muss doch mal einen Schiffshobel bauen. Endlich ein Grund!
Das Tischgestell wurde verleimt und die Tischplatte mit dem Untergestell verschraubt
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Der allerletzte Arbeitsschritt war dann noch das Finish. Ich habe ein Gemisch aus Tung-, Lein- und Orangenöl aufgetragen. Das einen Tag trocknen lassen und dann noch ein Mischung Tung-, Leinöl und gelöstes Bienenwachs mit einem Lappen eingerieben.
Öl feuert den Nussbaum richtig gut an.
Fazit:
Das Projekt hat viel Spaß gemacht. War es doch vom Arbeitsumfang und den Abmessungen sehr überschaubar. Es hatte aber durchaus ein paar handwerkliche Herausforderungen die den Ehrgeiz geweckt haben. Auf jeden Fall ein schöner Zeitvertreib im Weihnachtsurlaub.
Und hier die Abschlussbilder:
WOW!! 🙂
dem schließe ich mich an, WOW
Vielen Dank!
Tolle Arbeit
Danke für deinen Kommentar
Hallo Volker,
die Suche nach einem Design kann recht langwierig sein, hier hast du eine gute Wahl getroffen. Die sich nach innen verjungenden Beine machen was her. Mir gefällt es auch die Gratleisten in die Konstruktion mit aufzunehmen. So hat es den Eindruck, dass die Tischplatte etwas über dem Gestell schwebt. Da kann man schon die vielen Details wahrnehmen, auch wenn das bei einem niedrigen Couchtisch die meisten Nutzer es nicht erkennen werden. Chapeau, Chapeau!
Eine kleine Kritik habe ich aber, für mich würde es harmonischer Aussehen, wenn die Tischplatte an der langen Seite nicht so weit überstehen würde. Geschmackssache.
Die Zapfen kann man auch gut mit einem langen Streifen groben Schleifpapiers abrunden. Einfach lang um die Zapfen legen und hin und her ziehen.
Viele Grüße
Christoph
Hallo Christoph,
herzlichen Dank für das Feedback und die Gedanken, die du dir gemacht hast.
Also ganz ehrlich: Die Platte würde ich auf keinen Fall kürzer machen. Aber dazu muss man vermutlich neben dem Tisch stehen und die Proportionen auf sich wirken lassen.
Ist aber sicherlich auch Geschmackssache.
Liebe Grüße
Volker
Hallo Volker,
ein echter Volltreffer! Den könnte ich mir (fast) auch bei uns vorstellen (kleine Abänderungen sind immer Geschmacksache.) Auf jeden Fall kommt er auf die Merkliste der nachahmenswerten und besonderen Stücke. Deine Kantenbearbeitung sagt mir auch sehr zu. Kleine Details, die nicht sofort aufffallen und ohne störenden Materialwechsel (den ich meistens ablehne). Hut ab, ich bin begeistert! Dein Blog ist eine wahre Fundgrube.
Gruß Martin
Hallo Martin,
vielen Dank für das Lob. Wünsche noch viel Spaß beim Stöbern in der Fundgrube.
Gruß
Volker
Das sind unglaublich gut aus. Von der Form als Ganzes bis in die geschnitzten Details im Hinholz.
Hallo Mariano, freut mich sehr, was du schreibst.
Hallo Volker,
kann auch nur sagen Wow! Die Leichtigkeit im Design ist umwerfend.
Da juckt es schon sehr, sich mal ein Krenov-Möbelstück ran zu trauen.
Wie würdest du die Stabilität des Tisches bzgl. Kleinkindtauglichkeit (Schieben/Klettern…) beurteilen?
Viele Grüße,
Konstantin
Hallo Konstantin,
diese Leichtigkeit im Design, spiegelt sich natürlich auch im Gewicht des Tisches wieder.
Der Tisch ist stabil, keine Frage. Aber Kleinkinder werden damit auf Wohnzimmerreise gehen können und ggf. bei Kletterübungen mit ihm die stabile Seitenlage austesten.
Ich würde mich deshalb an deiner Stelle erst an einem Krenov Hängeschrank probieren.
Herzliche Grüße
Volker
Hallo Volker,
mein Kompliment, ein wirklich schönes Möbelstück. Auch deine Baudokumentation ist dir, wie immer, sehr gut gelungen. An dieser Stelle mal ein herzliches Dankeschön – ich freue mich immer auf neue Beiträge von dir. Einziger Kritikpunkt bzw. was mir persönlich nicht vollkommen zusagt, ist in diesem Fall die Oberflächenbehandlung. Mir ists etwas zu dunkel geworden.
Viele Grüße
Michael
Hallo Michael,
vielen Dank für deinen Kommentar. Schön, dass dir mein Blog gefällt.
Bezüglich dem Finish – was soll ich machen? Mir gefällt nun mal der dunkle Nussbaum.
Viele Grüße
Volker
Hallo Volker,
dann passts doch…Was ist das denn für ein Fußboden auf dem euer neuer Tisch nun sein Zuhause gefunden hat?
Viele Grüße
Michael
Hallo Michael,
ja leider kein Holzboden.
Ich denke PVC.
Aber auch seine Stunden sind gezählt. Wenn alles gut läuft fällt er noch in diesem Jahr einer Renovierung zum Opfer.
Gruß
Volker
Hallo Volker,
ein sehr schönes Möbel. Ich denke mal, dass dieses Timothy Rousseau auch gefallen würde. Sehr gute Detailarbeit, die nicht alltäglich ist!
Liebe Grüße
Uwe
Hallo Uwe,
nun hast Du es geschafft, dass ich am Abend noch das googelen angefangen habe. Nun weiß ich auch wer T. Rousseau ist. Der baut sehr hübsche Möbel, das gebe ich zu. Problem ist nur, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass der Timothy Rousseau nach Volker Hennemann googelen wird. Und damit wird deine Vermutung immer nur Spekulation bleiben. Ich fühle mich aber trotzdem sehr geehrt – deshalb vielen Dank! 😉
Liebe Grüße
Volker
Servus Volker,
meiner Freundin und mir gefällt euer neuer Couchtisch ausgesprochen gut. Um nicht zu sagen, er hat mich im ersten Moment sprachlos gemacht! Deine Möbel und dein Design gefallen mir fast sowieso immer, aber dieses edle Stück ist dir wirklich sehr gut gelungen. Deinen Weihnachtsurlaub hättest du wirklich nicht sinnvoller verbringen können!
Ich hoffe du würdest dich eher freuen, wenn, falls usw. wir mal einen neuen Couchtisch benötigen, ich dein schönes Exemplar als Vorbild nehmen würde :-)?!
Der dunkle Nussbaum sieht so wie er ist einfach sehr edel aus. Das Finish würde ich genauso machen und sicher nicht aufhellen. Das ist ja gerade der Reiz an diesem Holz.
Herzliche Grüße,
Dominik
Servus Dominik,
vielen Dank für das schöne Lob.
Übrigens Nachbauen ist erlaubt – ich hatte ja auch ein Bild 😉
Herzliche Grüße
Volker
Könntest Du noch ein bisschen was Schreiben zu den geschnitzten Dekorationen? Habe mal versucht bei YouTube was entsprechendes zu finden, aber leider bisher ohne Erfolg.
Hallo Mariano,
das ist kein Hexenwerk und viel schreiben kann ich dazu eigentlich auch nicht.
Ich nehme einfach ein schmales Hohleisen (es muss sehr scharf sein!) und trage damit unregelmäßig kleine Späne von der Kante ab. Wichtig dabei ist immer in Faserrichtung zu stechen und mit dem Eisen nicht tief einzutauchen. Damit habe ich schon öfters die sichtbaren Kanten meiner Schränke bearbeitet, wie auch hier beim „Sägeschrank“… https://aufdemholzweg.net/2016/09/18/eine-2-chance-fuer-saegebauabfall-und-sonstigen-mist/#jp-carousel-5304
Ich hoffe die Beschreibung reicht dir.
Gruß
Volker
Hallo Volker,
vielen Dank für diesen schönen Beitrag! Der Tisch gefällt mir sehr gut, besonders das Detail mit den Kanten – einfach klasse!
Viele Grüße
Timo
Hallo Timo,
vielen Dank!
Gruß
Volker