Die Odyssee ist noch nicht zu ende…. , das will ich hier gleich zu Beginn des Beitrages klarstellen. Es handelt sich, was die Schubladen anbelangt, auch noch nicht um den finalen Beitrag. Ich kann an dieser Stelle auch noch keine Prognose abgeben, wann dann der finale „Schubladen-Post“ erscheint. Zu oft schon, bin ich mit dem „gehe zurück auf Start Gefühl“ aus der Werkstatt geschlichen. Dieses Gefühl ist doof – ja sogar saudoof!
Aber auf gewisse Weise macht es mich in diesem Fall auch ein wenig glücklich.
Glücklich deshalb, weil ich an den vergangenen Wochenenden eine Unmenge dazugelernt habe. Und zwar so intensiv, dass die Lektion auf ewig sitzt. Jeder Fehlversuch wird zur Seite gelegt und ein neues Stück Holz in Angriff genommen. Von Mal zu Mal werden die Ergebnisse besser. Wenn man noch nichts zustande gebracht hat, mag sich das komisch anhören, aber diese Vorgehensweise verleiht einem eine gewisse Souveränität bei dieser Arbeit, da man deutlich die persönlichen Fortschritte erkennen kann.
***
Wo ist das Schubladenproblem:
Diese Schubladen empfinde ich als echte Herausforderung weil…
- Wegen der Optik, die Schubladenfront der unregelmäßig gewölbten Schranktüre angepasst werden soll
- Wegen der Optik, zwei Schubladen statt einer eingepasst werden sollten
- Wegen der Optik, die Schubladen unterschiedlich breit, damit jedes Schubladenteil eine Einzelanfertigung ist
- Wegen der Optik, die Schubladenseiten mit verdeckten Zinken mit der Schubladenfront verbunden werden sollen
- Zu guter Letzt, der Schubladenboden in ein gewölbtes Frontteil eingeschoben wird und dafür eine Aufnahmenut gefräst werden muss.
Eine spannende Aufgabenstellung für einen Hobbytischler, wie ich finde.
Die Geschichte der bisherigen Odyssee:
Ursprünglich hatte ich geplant, nur eine Schublade über die ganze Breite zu bauen. Eine gerade Schubladenfront würde doof aussehen und sie würde viel Platz verschenken. Somit hatte ich die gewölbte Front favorisiert. Die Schublade ist nicht sehr tief – maximal 13 cm. Sie wird aber 28 cm breit. Da verkantet man leicht beim Öffnen und Schließen. Optisch würden auch 2 unterschiedlich große Schubladen besser aussehen. Deshalb habe ich ein dünnes Zwischenbrett eingebaut. Damit hätten beide Schubladen eine saubere Führung. Das Zwischenbrett wurde auch mittels fremder Feder in die Fachböden eingeschoben.
Lösungsansatz No. 1
Wie könnte man aber nun die gewölbte Schubladenfront hinbekommen? Mein erste Idee – ich laminiere mir ein Brett mit der entsprechenden Wölbung. Aus einem dickeren Abfallstück wurde die Rundung ausgeschnitten und schichtweise dünne Brettchen verleimt. So konnte die Wölbung der Zwischenböden nachgebildet werden.
Nun hatte ich die gewölbte Schubladenfront, aber…
- wie kann ich sie exakt auf die richtige Größe zuschneiden und
- wie könnte ich ohne gerade Referenzfläche, die verdeckten Zinken ausstemmen?
Beim besten Willen konnte ich mir nicht vorstellen, dass das funktionieren würde.
Damit verwarf ich Lösungsansatz No. 1!
Lösungsansatz No. 2
Von Charles habe ich das Zinken gelernt. Ich erinnerte mich daran, was er in seinem Kurs gepredigt hat: „Beim Zinken musst du dir überlegen, was sind deine Referenzflächen. Wenn du keine hast, muss du dir welche besorgen.“
Wenn ich erst aus einer dicken Bohle die Schubladenfronten exakt im 90° Winkel schneide, danach die verdeckten Zinken aussteche und danach erst die Rundung innen und außen aussäge, stehen mir für das Anfertigen der verdeckten Zinken, die notwendigen Referenzflächen zur Verfügung.
Mit einem Stück Ahorn, habe ich einen Prototyp gebaut und getestet ob das funktionieren kann.
Das Ergebnis hat mich überzeugt, dass dieser Weg für mich die richtige Vorgehensweise ist. Für jede Schublade muss man sich genau überlegen, wo die Zinken auszustechen sind. Die Seite, die zur Schrankmitte zeigt, muss mit einem Falz (Stärke des Seitenbretts) versehen werden, der die nötige Tiefe aufweist.
Und wo stehe ich aktuell?
Inzwischen – nach dem Bau des Prototyps – bin ich beim 3. Schubladenpaar angekommen. Patzt man an einer Stelle, darf man zurück auf Start – die Schubladenfronten sollen ja schließlich durchgehende Maserung haben. Jetzt beim 3. Paar habe ich mir auch überlegt von 2 auf 3 verdeckte Zinken zu erhöhen. Die Zinken sind filigraner und das sieht bei den kleinen Schubladen besser aus. Von Versuch zu Versuch wurden die Resultate besser.
Ziel ist, bei meinem finalen Paar keine Fehler mit Hartwachs oder mit „Sägemehlkitt“ ausgebessert zu haben. Ich hoffe mir geht wegen diesem Vorsatz nicht das Holz aus!
Hier noch Bilder meiner bisherigen Versuche
Hallo Volker,
wow – das sieht super aus! Ich bin schon gespannt auf den fertigen Schrank.
Dein erstes Bild könnte auch als Poster abgedruckt werden 🙂
Viele Grüße
Timo
Hallo Timo,
Ja ich bin auch schon gespannt auf das fertige Ergebnis.
Das erste Bild hat eigentlich nichts mit dem Entstehungsprozess zu tun aber während der Arbeit entstehen manchmal solche Momentaufnahmen die einfach wirken.
Herzliche Grüße
Volker
Hallo Volker,
Herzlichen Glückwunsch zu Deiner Lernkurve. Gerade diese Erfahrungen sind notwendig, um den nächsten Schritt machen zu können. Ohne die optimale Kombination Holz, Werkzeug und eigenem Können sind solche Ergebnisse nicht erreichbar. Das Können ist dabei die Komponente, die sich am leichtesten immer weiter entwickeln lässt. Ich wünsche Dir viel Erfolg auf Deinem Weg und danke für die Bilder!
Herzlichen Gruß
Uwe
Hallo Uwe,
neben Holz, Werkzeug und eigenem Können ist auch noch der Spaß ein wichtiger Erfolgsfaktor.
Und der Spaß steigt gemeinsam mit der Lernkurve die man macht.
Am Anfang des Lernens muss man sich halt einfach durchbeißen.
Herzlichen Gruß
Volker
Hallo Volker,
dein Beitrag inspiriert mal wieder sehr! Ich bin gespannt, wie weit deine Lernkurve am Ende des Projekts sein wird. Die Schubladen sehen sehr schön aus. Eine Frage habe ich noch bzgl. den Schubladenfronten. Die sehen ein bisschen dick aus im Vergleich zum Rest der Schubladen?
Viel Spaß und Erfolg,
herzliche Grüße,
Dominik
Hallo Dominik,
ja die Fronten werden stärker als die Seitenteile. Das Seitenteil hat 10 mm die Fronten am Schluss schätze ich ca 15 mm. Ich brauch ja auch etwas „Fleisch“ damit ich die verdeckte Zinken unterbringe.
Herzliche Grüße
Volker
Moin, Moin.
Die Schubladen sehen schon super aus.
Falls Lust besteht mal jemanden in bewegten Bildern zu sehen, der ein ähnliches Problem löst, könnte ich folgendes Video empfehlen:
Making the Gallery Drawers von Matthew Cremona
Und danke für den schönen Blog!
Ein stiller Leser
Gruß
Steven
Hallo Steven,
freut mich – Danke!
Gruß
Volker