Hat ein Freizeitholzbearbeiter ein großes Projekt in der Mache, dann kann man davon ausgehen, dass während der Bauphase mindestens 1 Mal der Moment kommt, in dem man sich in den Allerwertesten beißen möchte. Ein dummer Leichtsinnsfehler, der absolut unnötige Holzausbruch an einer nicht zu übersehender Stelle oder das Brett, das auf der falschen Seite der angezeichneten Linie gekürzt wurde. Im Unterbewusstsein warte ich schon immer auf diesen Moment und werde nervös wenn alles so perfekt läuft. Je länger ich diese Hobby ausübe, je mehr kann ich aber auch beobachten, dass ich anders mit diesen beinahe unausweichlichen Ereignissen umgehe. Habe ich früher versucht mit allen Mitteln den gebauten Mist zu retten oder ihn sogar zu akzeptieren, so bin ich heute nicht mehr bereit, mich mit der Unschönheit abzufinden. Also was bleibt übrig? Neu machen!
Ich gebe zu, das kostet manchmal schon Überwindung – besonders wenn man mal den Holzzuschnitt sehr knapp kalkuliert hat – aber für mich ist es der einzige Weg, sich konsequent in den Fähigkeiten der Holzbearbeitung weiterzuentwickeln. Seit ich das so lebe, gehe ich souveräner mit diesen schmerzlichen Holzwerkererfahrungen um und kann feststellen, dass sie viel seltener auftreten. Schmerzliche Erfahrungen die man akzeptiert und sauber bereinigt durch „Neu machen“ erweitern unvermindert den Schatz des eigenen Könnens.
Vergangenes Wochenende habe ich ihn wieder erleben dürfen… den Moment, in dem sich eine Regel in den eigenen Gehirnwindungen festsaugt… für die Ewigkeit.
Ein Sideboard mit 8 Schranktüren benötigt auch die Möglichkeit diese 8 Türen komfortabel öffnen zu können. Das komfortable Öffnen will ich mit der Lösungsvariante „Türgriffe“ umsetzen. Ein durchaus gebräuchliches Verfahren wie ich finde.
Ich bin nicht gerade ein Fan von gekauften Türgriffen! Nicht aus Sparsamkeit – nein, sondern weil ich die Ansicht vertrete, ein selbstgebauter Massivholzschrank verdient auch die Aufmerksamkeit, ihm selbstgebaute Tür- oder Schubladengriffe auf den Leib zu schreinern. Dies sind Akzente, die in meinen Augen ein Möbelstück klar aufwerten und durch die es sich deutlich vom gekauften industriellen Bausatz unterscheidet.
Ein liebevoll per Hand gefertigter Holzgriff, nicht jeder exakt wie der andere, ist das Sahnehäubchen auf dem Erdbeerkuchen und ringen dem interessierten Betrachter ein erstauntes Lächeln ab. (Ein schöner Satz)
Die Griffe möchte ich aus Nussbaum herstellen. Nussbaum als kleiner dunkler Farbfleck harmoniert bestens mit Erle. In meiner Schatzkiste sind auch schnell ein paar schöne Leisten gefunden, die sich dieser würdigen Aufgabe stellen können. An die Form der Türgriffe muss ich mich durch Ausprobieren herantasten. Ich möchte die Türgriffe nicht anschrauben, sondern per Holzdübel fixieren. Die Griffe sollen aber nicht zu groß sein. Somit wäre es das Beste, der Dübel kommt gleich aus dem Griff, was ich mit einem Zapfenschneider leicht selbst umsetzen kann.
Zunächst habe ich deshalb gleich große Formen auf einer Nussbaumleiste aufgezeichnet und mit der Ständerbohrmaschine gleich große Zapfen in die Leiste „gebohrt“.
Als ich die Leiste mit 12 wunderbaren Zapfen versehen hatte und das Aussägen der Griffe bevorstand ist mit aufgefallen, dass ich die Zapfen in das Querholz gefräst habe und nicht in das Hirnholz!!!
Ein 8 mm Zapfen (auch wenn es Nussbaum ist) würde vermutlich nicht lange halten. Ich habe die Leiste dem Abfallholz zugeführt. Sie wird uns in der kalten Jahreszeit 30 Minuten wärmen.
Aus der nächsten Leiste habe ich Würfel geschnitten und die Zapfen in das Hirnholz gefräst. Nach mehreren Entwürfen für einen Griff, habe ich mich dann für einen schlichten Quader entschieden. Zum Schluss waren es 8 Türgriffe und 4 Schubladengriffe.
Hallo Volker,
die Ergebnisse lassen eine tolle Schlusspräsentation erahnen. Es ist immer wieder toll, wie Du die Dokumentation aufbaust und auch viele Aspekte mit einstreust, die etwas abseits liegen aber trotzdem auch zum Holzweg gehören. Deshalb mag ich Deinen Blog.
Herzliche Grüße
Uwe
Hallo Uwe,
dein Kommentar freut mich sehr. Er ermuntert mich auch, den Blog und dieses Format zunächst weiter fortzuführen.
Beim Bloggen über dieses Hobby sehe ich die Gefahr sehr groß, dass leicht der Moment erreicht wird, wo man nur noch Bauschritte dokumentiert aber keine interessante Botschaften mehr verteilt.
Dann wird es für den Leser und auch für mich als Schreiber langweilig. Und um Langeweile über das Netz zu verbreiten, bin ich nicht mit einem Blog angetreten. Ich denke da findet man schon genügend im WWW.
Herzlichen Gruß
Volker
ich lese deine blog gern – diese leicht ironische schreibweise – ein vergnügen es zu lesen
auch diese Aufmunterung spornt mich an.