Die Küche der „Jubi“ von 1931 bis ca. 1950
Gegen Tradition anzukämpfen ist zwecklos und Zeitverschwendung. Mit der Tradition muss man sich arrangieren, dann kommt man zu einem befriedigendem Ergebnis. Vor dieser Herausforderung stand ich 2009, als ich den Vorschlag unterbreitet habe, eine neue Küche für die Jubiläumshütte zu bauen, die eigentlich keiner haben wollte.
Die „Jubi“, wie die Vereinsmitglieder sie liebevoll nennen, ist 1931 gebaut worden. Nicht gerade ein Zeitpunkt, an dem man aus dem Vollen schöpfen konnte. Entsprechend karg fiel die Einrichtung der Hütte und deren Küche aus.
Ein paar Jahre später, machten die damaligen Vereinsmitglieder ein wahres Schnäppchen: Eine Alm aus der Nachbarschaft bekam eine neue Küche – die „Jubi“ die alte Almküche! Die hat sich dann weitere 50 Jahre in der „Jubi“ gehalten.
Alpenländisches Küchendesign von ca. 1950 bis 2009
Meine Liebe zur Nostalgie stieß spätestens dann an ihre Grenzen, wenn man morgens den Mäusekot auf den obersten Tellern entfernen musste. Die Größe und Konsistenz der schwarzen Krümel unterschieden sich zwar deutlich vom Mohn der mitgebrachten Semmeln – trotzdem wollte ich mich nicht länger dieser Verwechslungsgefahr aussetzen. Eine neue Küche für die „Jubi“ musste her! Die größte Herausforderung dabei war allerdings, dass die Vereinsnostalgiker überzeugt werden mussten. Das konnte nur dann gelingen, wenn die neue Küche alt aussah! Durch Zufall bin ich in einem Bastelgeschäft auf Reisslack gestoßen – in meinen Augen die Lösung für diese heikle Mission.
Und so baut man eine „alte“ Küche
Eine Küche in einer Berghütte ist extremen Bedingungen ausgesetzt. Die Temperaturen im Winter gehen schon leicht mal auf – 15°. Dann erreicht man die Hütte und heizt den Küchenofen an. In wenigen Stunden steigt die Temperatur auf + 25°. Massivholz reagiert auf diese äußeren Bedingungen – die Schranktüren würden sich mit großer Wahrscheinlichkeit verziehen. Aus diesem Grund habe ich mich für die Verwendung von MDF-Platten entschieden. Sie kosten nicht viel und reagieren weder auf Temperaturschwankungen noch auf unterschiedliche Luftfeuchtigkeit.
Alle Unterschränke und Schubladen wurden aus MDF-Platten hergestellt. Die Korpusteile wurden mit Domino-Dübel verbunden. Danach wurde der Grundanstrich (blauer Acryllack) aufgetragen.
Wenn der erste Anstrich getrocknet ist (Lack muss vollkommen durchgetrocknet sein), wird der farblose Reisslack aufgetragen. Ich habe das Produkt Craquelle der Firma Hobby Line verwendet. Auch diese farblose Schicht muss mehrere Stunden vollkommen aushärten. Ist der Reisslack getrocknet, wird die zweite Farbschicht aufgetragen. Ich habe für unsere Küche einen Elfenbeinton gewählt, den ich in guter Erinnerung hatte. Das Küchenbuffet meiner Großmutter war Elfenbeinfarben gestrichen. Und jetzt geht es schnell. Durch das Auftragen der frischen Farbe auf den Reisslack, wird dieser wieder „angelöst“ und er schrumpft oder zieht sich zusammen. Dadurch wird die zweite Farbschicht zerrissen und die erste Farbschicht kommt wieder zum Vorschein. Die Oberfläche die entsteht, erinnert an Farbe die abblättert. Genau dieser Effekt ist gewollt.
Nachdem auch die 2. Farbschicht mit den Rissen gut ausgehärtet ist, kann man mit Patina noch nachhelfen und die Schränke weitere 20 Jahre altern lassen. Die Schränke habe ich außen und innen mit Patina nachgealtert.
Wie alle Kästen fertig waren, wurde die Küchenplatte aus Buche noch zugeschnitten und in der Garage erfolgte ein Probeaufbau.
Nun… Kochecke wollte ich keine in der Garage, deshalb wurde jetzt wieder alles zerlegt und in zwei Geländewagen gepackt, zum Transport auf das Seekar.
Und dann ging es rauf auf den Berg.
Die letzten Meter bis zur Hütte, konnten nicht mit den Auto zurückgelegt werden. Hier waren große und starke „Esel“ gefragt.
Der komplette Einbau der neuen „alten“ Küche war dann in einem 3/4 Tag erledigt. Es hat alles perfekt gepasst. Zunächst wurden die Schränke auf 2 Multiplexplatten ausgerichtet und miteinander verschraubt. Danach wurde die Küchenplatte aus Buche montiert und mit Leinöl behandelt.
So dann war sie fertig… die neue alte Küche der „Jubi“.